Schlaf – so essenziell wie mysteriös

Der 14. März 2022 | Nachrichten

Schlaf – so essenziell wie mysteriös

Dr. José Haba-Rubio, medizinischer Co-Direktor des Schlafzentrums Florimont

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Guter Schlaf ist äusserst wichtig. Genau zu diesem Thema sensibilisiert uns Dr. José Haba-Rubio, medizinischer Co-Direktor des Schlafzentrums Florimont und Spezialist für Schlafstörungen, anlässlich des internationalen Tags des Schlafes am 18. März 2022. Seiner Meinung nach ist Schlaf eine echte Herausforderung für die öffentliche Gesundheit. Hierzulande schläft ein Drittel aller Menschen schlecht. Wenn das auch Sie betrifft, zeigen wir Ihnen, wie sich Schlafmangel auf Ihre Gesundheit auswirkt und was Sie dagegen tun können.

Portrait José Huba-Rubio

Warum ist guter Schlaf so wichtig?  

Als biologische Funktion ist Schlaf für unser körperliches und geistiges Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Er ist ein Grundpfeiler gesunder Lebensweise – genauso wie gesunde Ernährung und körperliche Aktivität. Darum sollten wir auf alles achten, was den Schlaf stören könnte.

In der Schweiz schätzt man, dass ein Drittel der Erwachsenen schlecht schläft. Schlaflosigkeit und Schlafapnoe sind sehr weit verbreitet. Obwohl diese Krankheiten nicht immer diagnostiziert und behandelt werden, wirken sie sich stark auf die Gesundheit und damit auch auf unsere Lebensqualität aus.

Wie kann man wissen, ob man ausreichend schläft?  

Noch immer ist Schlaf ein dunkles Geheimnis. Er dient vor allem dazu, dass wir uns tagsüber wohlfühlen, davon sind alle Experten überzeugt. Ist dies bei Ihnen der Fall, sollten Sie sich nicht zu viele Fragen stellen. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Ihr Schlaf aus dem Gleichgewicht gerät! Fühlen Sie sich hingegen nach dem Aufwachen müde oder tagsüber schläfrig, haben Sie Probleme mit Ihrem Gedächtnis oder Ihrer Konzentration, kann dies auf eine Schlafstörung hindeuten. Dasselbe trifft zu, wenn Sie unter Depressionen leiden, reizbar sind oder Ihre Stimmung im Tief liegt.

Manche Menschen haben Apnoen, ohne es zu wissen, fühlen sich aber tagsüber nicht müde. Trotzdem steigt ihr Risiko für ein Herz-Kreislauf-Problem wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Darum sollte man jenen Menschen, mit dem man schläft, warnen, wenn er unregelmässig schnarcht oder Atemaussetzer hat.

Hinzu kommt, dass sich kaum allgemeingültige Aussagen über die nötige Schlafdauer machen lassen. Jeder von uns hat eigene Bedürfnisse, sie hängen auch von unserem genetischen Erbe ab. Kurzschläfern genügen fünf Stunden vollauf, Langschläfer hingegen brauchen neun Stunden, sonst leiden sie an Symptomen von Schlafentzug.

Le sommeil est un mystère

Sind Schlafstörungen für viele ein Schicksal, gegen das man machtlos ist? 

Diese Vorstellung ist in der Tat weit verbreitet. Auch unter Ärzten, denn das Studium des Schlafs gehört noch nicht zu ihrer Ausbildung. Schlafstörungen sind so häufig, dass sie normal erscheinen ... Doch auch wenn unser Lebensrhythmus wegen Stress, zu viel Licht abends oder unregelmässiger Arbeitszeit oft eine Erholung nicht begünstigt, sind Schlafdefizite kein unabwendbares Schicksal – man kann immer etwas dagegen tun. Entgegen der landläufigen Meinung ist schlechter Schlaf selbst bei älteren Menschen eine Krankheit, die man untersuchen sollte.

Zudem verändert sich unser Schlaf im Laufe des Lebens …   

Ja, wir schlafen nach der Geburt anders als in der Kindheit, im Jugendalter oder als Erwachsene. Schlaf ist eine Funktion des Gehirns und wird mit zunehmendem Alter anfälliger für Störungen: Der Tiefschlaf ist weniger wichtig, Aufwachphasen sind häufiger. Dennoch: Ein älterer Mensch sollte tagsüber nicht einfach irgendwo einschlafen und guter Schlaf sollte ihm schöne Tage bescheren.

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Hat Schlafmangel wirtschaftlich messbare Folgen ?  

Ganz sicher: Schlafstörungen wirken sich enorm auf die Wirtschaft aus. Schon alleine, weil die Produktivität nachlässt. Wer müde oder schläfrig ist, ist auch weniger leistungsfähig. Wer schlecht schläft, ist zudem anfälliger für andere Krankheiten. Schlaf erhöht neben Absenzen auch das Risiko von Arbeitsunfällen. Kommt hinzu, dass Schlafstörungen chronische Krankheiten sind. Werden sie nicht behandelt, können sie sich über Jahre hinziehen. Und das kann zu spürbaren wirtschaftlichen Verlusten führen. So gesehen zeigt ein Ruheraum, dass ein Unternehmen auf die Gesundheit seiner Mitarbeitenden ebenso achtet wie auf ihre Produktivität. Alle Studien belegen, dass uns ein Nickerchen für die zweite Tageshälfte wesentlich effizienter und produktiver macht.

Lohnt sich Turboschlaf also wirklich?  

Es ist erwiesen, dass schlafen nach dem Mittag sehr erholsam ist. In dieser Zeit fährt unsere biologische Uhr herunter und ermöglicht es dem Körper, zu schlafen. Gönnen Sie sich jedoch höchstens 20 bis 30 Minuten Ruhe. So fallen Sie nicht in einen Tiefschlaf, aus dem Sie nur schwer wieder aufwachen. Ausserdem kann ein zu langer Mittagsschlaf dazu führen, dass sich vor dem Schlafengehen zu wenig Müdigkeit ansammelt, was wiederum den Nachtschlaf stört. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Darum empfehlen sich Nickerchen nicht für Menschen, die unter Schlaflosigkeit leiden.

 

« Schon die ersten Mikroorganismen vor 3,7 Milliarden Jahren besassen eine Art biologische Uhr. »

 

Wenn Schlaf die Gesundheit aller betrifft, sollten wir dann nicht unsere Kinder besser erziehen und Präventionsarbeit leisten? 

Ja natürlich. Genauso wie wir alle wissen, wie wichtig es ist, junge Menschen über richtiges Essen und ausreichende Bewegung aufzuklären, sollten wir ihnen auch die Regeln der Schlafhygiene vermitteln. Immer häufiger bitten uns Lehrer in Schulen, wo Schüler im Unterricht einschlafen..  

Peaceful Sleep

Welchen einzigen Rat würden Sie für guten Schlaf geben?  

Ein Ratschlag alleine genügt nicht. Schlaf ist sehr komplex und es gibt viele Faktoren, die ihn beeinflussen! Damit unsere biologische Uhr reibungslos funktioniert, sollten wir unter anderem auf einen regelmässigen Schlafrhythmus achten. Es hilft, jeden Tag zur gleichen Zeit aufzustehen. Zudem wird unsere biologische Uhr auch durch Licht gesteuert. Wenn wir abends zu lange blauem Licht ausgesetzt sind – am Handy, PC oder Tablet – bremst das die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Zwei Stunden vor dem Zubettgehen sollten Sie daher blaues Licht vermeiden. Setzen Sie sich lieber morgens viel natürlichem Licht aus.

Kann der Komfort eines Bettes die Schlafqualität beeinflussen? 

Natürlich ist das eine der grundlegendsten Voraussetzungen, um gut zu schlafen. Wichtig aber ist, dass im Schlafzimmer prinzipiell alles stimmt: ein komfortables Bett und die Ausstattung, das Licht, die Geräusche und die Raumtemperatur.

Sie sagen, dass Schlaf selbst heute noch ein dunkles Geheimnis ist …  

Wir vermuten, dass die ersten Mikroorganismen, die vor 3,7 Milliarden Jahren auftauchten, bereits eine biologische Uhr besassen und in gewissem Sinne schon geschlafen haben müssen. Warum aber gehört Schlaf seit Urzeiten zur Geschichte des Lebens? Wie hat er sich entwickelt? Dieses sehr komplexe biologische Bedürfnis hat wahrscheinlich zahlreiche Funktionen, von denen wir nicht alle kennen ... Noch immer wissen wir nur sehr wenig über den Schlaf! Wir müssen erkennen, wie seine innersten Mechanismen und seine Regulierung funktionieren, welchen Zweck er hat. Rein wissenschaftlich gesehen betreten wir hier bis heute Neuland!


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